50 Jahre Berufsverbote - Vom Radikalenerlass zum Demokratiegesetz? Erfahrungsbericht und Diskussion mit Irmgard Cipa

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Erfahrungsbericht und Diskussion mit der vom sog. Radikalenerlass betroffenen Genossin Irmgard Cipa.

Im Jahr 2022 jährt sich der sog. Radikalenerlass der sozial-liberalen Koalition unter Kanzler Willy Brandt (SPD) zum 50. Mal. Wollte der Sozialdemokrat Brandt noch „Mehr Demokratie wagen“, galt das in guter deutsch-bürgerlicher Tradition nicht für Kommunist*innen und andere Aktivist*innen der radikalen Linken in der BRD. Bis weit in die 80er Jahre hinein wurden 3,5 Millionen Menschen auf ihre politische Gesinnung (Stichwort „Verfassungstreue“) geprüft, 11.000 Berufsverbots- und 2.200 Disziplinarverfahren wurden eingeleitet. 1250 Bewerbungen auf Stellen im öffentlichen Dienst (Lehrkräfte, Post- und Bahnangestellte) wurden abgelehnt und mehr als 250 Menschen entlassen. Betroffen waren vor allem Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), aber auch der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) sowie andere Genoss*innen der radikalen Linken.

So auch Irmgard Cipa. Die angehende Lehrerin aus Bonn war in der marxistischen Hochschulgruppe MSB-Spartakus politisch aktiv, wurde nach ihrem Examen vom Verfassungsschutz überprüft und bekam 1976 schließlich ein Berufsverbot als Lehrerin ausgesprochen. Es folgten Jahre der Arbeitslosigkeit, Kurzzeitjobs und des Kampfes gegen das Verbot, den sie schließlich begann. Die pensionierte Hauptschullehrerin kämpft zusammen mit anderen Betroffenen vom Radikalenerlass bis heute um ihre Rehabilitation, Entschädigung und gegen neue politische Varianten der Berufsverbote gegen politisch Unliebsame, z.B. aktuell das „wehrhafte Demokratiegesetz“.

Irmgard Cipa ist bei uns in der leo:16 zu Gast und wird von ihren Erfahrungen als linke Aktivistin berichten, die vom Staat als Gefahr für die Verfassung auserkoren und bekämpft wurde. Dabei werden wir sowohl über die politischen Verhältnisse in der BRD der 1970er Jahre aufwärts ins Gespräch kommen als auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu aktuellen Erscheinungsformen staatlicher Repressionen gegen radikale Aktivist*innen in Deutschland, der Türkei und anderen Regionen der Welt diskutieren. Anschließend Kneipe.