Seit den 72 Tagen der Pariser Kommune, als die Bürger*innen von Paris 1871 die Verwaltung ihrer Stadt in die eigenen Hände nahmen, ist die Perspektive einer radikaldemokratischen Selbstregierung in der Welt. So wie die Kommunardinnen und Kommunarden im 19. Jahrhundert in Paris versuchten zum Ende des Ersten Weltkrieges unter anderem in Bremen Arbeiter*innen und Soldaten selbstorganisiert die Macht in Städten (und Betrieben) zu übernehmen. In der häufig als gescheitert erklärten Deutschen Revolution waren insbesondere die Geschehnisse im Januar und Februar 1919 von großer Bedeutung, als von unten die Macht ausgeübt wurde.
Radikalste und innovativste Erneuerung 1918: Arbeiter- und Soldatenräte
Dr. Gaard Kets, Assistenzprofessur im Fachbereich Empirische Politikwissenschaft der Radboud-Universität Nijmegen, hat für seine Promotion die gescheiterten Revolutionen in Deutschland und den Niederlanden in den Jahren 1917 bis 1923 erforscht. Ein Fazit seiner Arbeit: Die Revolution von 1918-19 hat grundlegende Neufassung sozialer und politischer Begriffe bewirkt. „Die radikalste und innovativste Erneuerung ist wohl die Ergänzung des politischen Vokabulars um den Begriff der Arbeiter- und Soldatenräte. Diese Räte sind nach der Revolution essentielle Elemente der Rätebewegung oder Basisdemokratie geworden.“
Dr. Gaard Kets wird am Freitag, dem 18. November 2022, ab 19 Uhr im Bennohaus von seiner Forschungsarbeit unter dem Titel „Pariser Kommune, Deutsche Revolution und Rätedemokratie“ referieren und anschließend mit den Teilnehmer*innen diskutieren. Dabei wird Kets einen Bogen von der Pariser Kommune zur Deutschen Revolution spannen, der aufzeigt, dass mit dem Aufbegehren der Menschen gegen die bestehende Ordnung und ihrem Drang nach Selbstverwaltung das Deutsche Kaiserreich revolutionär eingerahmt wurde.