Reparative Praktiken des Erinnerns
Einführung: Sam Hopkins (Kunsthochschule für Medien Köln)
MBARODI, Mamadou Khouma Gueye, 2024, 21 Min.
CRACKS IN THE MASK, Frances Calvert, 1997, 57 Min.
Welche Auswirkungen hat die Abwesenheit von kulturellen Gütern auf die Tradierung von Wissen, künstlerischen Fähigkeiten und kulturellen Praktiken? Mit welcher Entfremdung vom gesellschaftlichen Leben sehen sich Objekte nach ihrer Rückkehr konfrontiert und wie lässt sich dieser begegnen? Auf unterschiedliche Weise gehen die zwei Filme des Abends diesen Fragen nach.
MBARODI von Mamadou Khouma Gueye nimmt Bezug auf die Tradition des Simb oder faux lion im Senegal, populäre Tanzdarbietungen im urbanen Raum, bei denen die Löwen verkörpernden Performer ihre Stärke und Maskulinität zur Schau stellen. Im Gegensatz zu dieser öffentlichen Demonstration von Kraft und tänzerischem Können sind es Momente der Stille, der Konzentration, aber auch der Rastlosigkeit und Erschöpfung, die uns den Protagonisten näherbringen: beim sorgfältigen Schminken, im Museum, im nächtlichen Treiben und im Dialog mit einem fürsorglichen Freund. Somit lenkt der Film den Fokus auf reparative Gesten der Zuwendung, mit denen die Beziehungen zu den Objekten neu gestaltet werden können.
CRACKS IN THE MASK von Frances Calvert kehrt den ethnografischen Blick um und begleitet ein Paar von den Torres-Strait-Inseln Mitte der 1990er Jahre in verschiedene europäische Museen auf der Suche nach materiellen Zeugnissen ihrer Kultur. Ausstellungsdisplays, Museumsdepots und Gespräche mit Kurator:innen werden mit historischen anthropologischen Film- und Tonaufnahmen verwoben und von den Tagebuchaufzeichnungen der Reisenden flankiert. Fast drei Jahrzehnte später haben die Reflexionen nichts an Aktualität verloren, während einige der im Film geäußerten Argumente für den Verbleib der Objekte in Europa vertraut klingen, weil sie ein bitteres Echo in den heutigen Debatten finden. Dennoch setzt der Film ein Zeichen der Hoffnung: Trotz der räumlichen wie zeitlichen Distanz und vieler institutioneller wie politischer Widerstände plädiert er dafür, den Riss zu reparieren und die abgebrochene Verbindung wiederaufzunehmen.
Veranstaltungsort: Auditorium des LWL-Museums für Kunst und Kultur
Tickets: 5 Euro (Museumskasse / Ticketshop / Abendkasse)
Mehr Infos unter: uni.ms/KFG-Zugang und www.lwl-museum-kunst-kultur.de
Eine Filmreihe der Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“ an der Universität Münster und dem LWL-Museum für Kunst und Kultur. Weitere Termine: Dienstag, 17. Juni und Dienstag, 24. Juni, jeweils um 19 Uhr.