Sebastian Rose vom Abschiebungsreporting NRW und Sascha Schießl analysieren in ihrem Buch die politische Praxis von Abschiebungen in Nordrhein-Westfalen und zeigen die Kämpfe und Widerstände gegen diese auf. Sie bringen Licht in eine oft im Verborgenen bleibende Abschiebepraxis, über die regelmäßig intensiv gestritten wird. Wer wird wie und warum abgeschoben? Bei der Analyse spielen die Perspektive der betroffenen Menschen, der Schutz der Menschenrechte und der Erhalt der Menschlichkeit eine große Rolle. Gewalt, Willkür und Unverhältnismäßigkeiten der staatlichen Stellen werden offen gelegt.
Das Buch ist im Mai 2024 erschienen. Herausgeber sind das Abschiebungsreporting NRW und das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. Das Buch kann hier heruntergeladen werden.
Ein achtjähriges Mädchen, das sich am Flughafen im Polizeitransporter festklammert. Nachfahr:innen von NS-Opfern. Eine in Deutschland geborene und aufgewachsene junge Romni mit einer geistigen Behinderung. Ein Oppositioneller, der nach seiner Abschiebung nach Tadschikistan zu sieben Jahren Haft verurteilt wird. Ein suizidgefährdetes Folteropfer, das wochenlang in Abschiebehaft gesteckt wird. Ein junger Mann, dem die Ausländerbehörde jahrelang die Erlaubnis für eine Ausbildung verweigert und ihn zur „freiwilligen Ausreise“ drängt, damit er „auf dem korrekten Weg“ mit einem Visum wieder einreist, um seine Ausbildung beginnen zu dürfen. Sie stehen beispielhaft für die tausenden Menschen, die in den vergangenen Jahren in das Visier nordrhein-westfälischer Ausländerbehörden gerieten. Das vom Projekt Abschiebungsreporting NRW und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. gemeinsam herausgegebene Buch „Abschiebungen in Nordrhein-Westfalen. Ausgrenzung, Entrechtung. Widerstände.“ stellt die Menschen in den Mittelpunkt und legt die nordrhein-westfälische Abschiebepraxis offen.
Auf 234 Seiten analysieren Sebastian Rose und Sascha Schießl Abschiebungen als politische Praxis in Nordrhein-Westfalen und zeigen die Kämpfe und Widerstände gegen Abschiebungen auf. Sie beleuchten die verschiedenen behördlich zuständigen Akteur:innen und benennen, wie und wer abgeschoben wird. Damit bringen sie Licht in das Dunkel der nordrhein-westfälischen Abschiebepraxis, die bewusst so angelegt ist, möglichst im Verborgenen zu bleiben. Dabei ist in NRW in den letzten Jahren ein breiter Behördenapparat aus Zentralen Ausländerbehörden und Regionalen Rückkehrkoordinationsstellen entstanden und erweitert worden, für den das Land NRW viel Geld ausgibt.
Das Buch zeigt, dass der politisch inszenierte hohe Abschiebedruck und die vielfältigen Gesetzesverschärfungen in der Praxis zu härteren, nicht selten auch rechtswidrigen Abschiebungen führen. Dabei kann, wenn der politische Wille vorhanden ist, jede Abschiebung gestoppt werden. Der oft schmale Grad zwischen Abschiebung und Bleiberecht – heute Abschiebehaft, morgen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis – zeigt beispielhaft die Willkür der deutschen Abschiebepolitik auf. Insgesamt sind in dem Buch rund 110 Fälle von drohenden, versuchten und vollzogenen Abschiebungen durch etwa 50 der 81 nordrhein-westfälischen kommunalen Ausländerbehörden sowie der fünf teils allein zuständigen, teils unterstützend agierenden Zentralen Ausländerbehörden erfasst und dokumentiert – mal knapp angerissen, mal sehr umfassend nachgezeichnet.
Sebastian Rose ist seit Mitte August 2021 Referent im Projekt Abschiebungsreporting NRW in Köln. Von 2014 bis 2021 arbeitete er als Referent beim Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., davon viereinhalb Jahre als Referent der Geschäftsführung. Sascha Schießl ist Historiker. 2016 erschien seine Dissertation «‚Das Tor zur Freiheit‘. Kriegsfolgen, Erinnerungspolitik und humanitärer Anspruch im Lager Friedland (1945-1970)». Von 2017 bis 2021 arbeitete er als Referent beim Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. Zu seinen Schwerpunkten gehören die Geschichte von Flucht, Asyl und Migration, die europäische Abschottungspolitik und die Institution Lager.
Im Anschluss an die Lesung mit Sebastian Rose und Dr. Sascha Schießl wird es Zeit für Fragen und Diskussion geben.
Eine Veranstaltung der GGUA Flüchtlingshilfe e.V.
Donnerstag, 21. November 2024, Stadtbücherei Münster, Zeitungslesesaal,
Alter Steinweg 11
48143 Münster
Der Eintritt ist frei.