Warum und wie wir den 1. Mai feiern

Der 1. Mai ist der Tag, an dem auf der ganzen Welt Menschen auf die Straße gehen, die für eine bessere Welt kämpfen. Für eine Welt ohne Kapitalismus, eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Für eine solidarische Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen mehr zählen als der Profit Weniger. Es ist der Tag, an dem wir all diese Kämpfe unter einem gemeinsamen Ziel vereinen und uns damit in die Tradition einer internationalen Arbeiter*innenbewegung stellen. Seitdem 1886 in den USA hunderttausende Arbeiter*innen für den 8-Stunden-Tag streikten, gilt dieser Tag als internationaler Kampftag der Arbeiter*innenklasse, der Ausgebeuteten und Unterdrückten. Der 1. Mai soll uns daran erinnern und Kraft geben: dafür, dass eine andere Welt möglich ist. Dass es die Menschen sind, die die Macht haben, kollektiv dieses System zu verändern und gemeinsam eine solidarische Welt aufzubauen: von unten und von links.

Wir wollen euch mit diesem Text zu unserem revolutionären 1. Mai-Fest in Berg Fidel einladen. Und wir wollen erklären, warum und wie wir den 1. Mai in Berg Fidel und als Berg Fidel Solidarisch feiern. Wir wollen euch auch ermuntern und dazu einladen, euch gemeinsam mit uns zu organisieren: lasst uns gemeinsam am Aufbau einer organisierten sozialen Bewegung aus den Stadtteilen arbeiten und eine Gegenmacht von unten aufbauen! 

Alltägliche Kämpfe sichtbar machen!

Seit 2018 organisieren wir uns in Berg Fidel, um anhand von konkreten Kämpfen gegen die Missstände des kapitalistischen Systems widerständige und solidarische Strukturen aufzubauen. Es ist unser Ansatz, nicht als kleine aktivistische Gruppe für die Menschen zu kämpfen, sondern immer mehr Menschen in diese Kämpfe miteinzubeziehen und zu empowern, zu kämpfen und dabei ein kritisches politisches Bewusstsein zu entwickeln. Diesen Ansatz nennen wir revolutionäre Basisarbeit. Ob es schlechte Arbeitsbedingungen sind, ungerechte Wohnbedingungen, Schikane durchs Jobcenter, Armut, rassistische Unterdrückung durch den Staat oder strukturelleDiskriminierung. Die Probleme, die der Kapitalismus hervorruft, sind gerade in armen Stadtteilen wie Berg Fidel meistens sehr konkret. Gerade in diesen Vierteln trifft der Aufbau von solidarischen Strukturen auf existenzielle Notwendigkeiten. Die soziale Frage, Kämpfe für diese existenziellen Notwendigkeiten bzw. diese alltäglichen Konflikte sind deshalb für uns der Ausgangspunkt, eine wirkmächtige und wachsende Bewegung aufzubauen, die mehr Menschen einbeziehen kann als sowieso schon links politisierte Menschen oder Aktivist*innen. 


Insbesondere diejenigen von euch, die ganz direkt in ihrem Alltag mit den Problemen des Systems konfrontiert sind, wollen wir einladen, ihre Erfahrungen zu teilen: welche Probleme habt oder seht ihr? Habt ihr Erfahrungen mit konkreten Kämpfen gegen diese Ungerechtigkeiten? Welche Ideen habt ihr, euch zu wehren?Das Fest soll dazu beitragen, dass Menschen – insbesondere aus Berg Fidel – Motivation entwickeln, gegen ihre konkreten Probleme aktiv zu werden. Nicht mehr alleine und ohnmächtig zu bleiben, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen, um sich solidarisch zu unterstützen und gemeinsam zu kämpfen. Das Fest soll daher zum Mitmachen anregen. Es soll weder ein durchgeplantes Mitmach-Programm geben noch unzähligen Reden von politischen Organisationen, denen wir nur passiv zuhören. Dieses Jahr malen wir z.B. gemeinsam Protest-Banner gegen die LEG, die an Balkonen und Häusern angebracht werden können. Und wir laden am offenen Mikro vor allem Menschen aus der Nachbarschaft ein, zu sprechen.

Kämpfe von unten verbinden!

Der Kampf für eine solidarische Gesellschaft darf nicht nur eine Parole bleiben, wenn wir mehr Menschen in unsere Bewegung einbeziehen wollen. Solidarität beginnt im Alltag der Ausgebeuteten und Unterdrückten und muss und kann schon heute dort konkret werden. Indem wir uns gemeinsam wehren, nicht mehr alles mit uns machen lassen, uns zusammenschließen, um für gemeinsame Forderungen zu kämpfen oder Einzelne von uns bei konkreten Problemen unterstützen. Das passiert bereits an vielen Orten, zu oft bleiben wir aber vereinzelt. 
Wir organisieren uns in Berg Fidel, weil wir der Überzeugung sind, dass unser Ziel – der Aufbau einer organisierten sozialen Bewegung – nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, sondern Zeit braucht. Dafür braucht es Orte, an denen ein kontinuierlicher Aufbau von Strukturen stattfinden kann, die das Wachsen von solidarischen Beziehungen und gemeinsamen Politisierungsprozessen ermöglichen. Orte, die es auch nicht schon politisierten Menschen ermöglichen, sich dort zu organisieren, wo ihr Leben stattfindet. Für uns ist das der Stadtteil – also der Ort, an dem Menschen zumindest für eine bestimmte Zeit wohnen, wir uns wiedertreffen und wo verschiedene Aspekte des Lebens zusammenkommen.Wir schließen uns zusammen, um den alltäglichen Problemen, mit denen viele allein konfrontiert sind, kollektiv etwas entgegenzusetzen und Solidarität von unten aufzubauen. Denn wir wissen, dass wir – die Menschen – nicht selbst schuld sind: unsere Probleme entstehen durch ein System, welches in allen Lebensbereichen den Profit vor die Interessen der Menschen stellt. Wir werden in diesem System ausgebeutet und unterdrückt, während Wenige immer reicher werden. Das Problem liegt im System und dieses System müssen wir verändern!
Wir bauen deshalb Solidarität von unten auf, um für eine grundlegende Gesellschaftsveränderung zu kämpfen. Das kann nicht nur an einem Ort passieren: Für eine grundlegende Gesellschaftsveränderung braucht es Kämpfe und Organisierung an allen Orten, an denen Menschen ausgebeutet und unterdrückt werden. 
Wir brauchen diese verschiedenen Erfahrungen und Kämpfe auch, um das System zu verstehen, gegen das wir kämpfen. Um zu verstehen, wie unsere Kämpfe zusammenhängen, um die Gemeinsamkeit unserer Kämpfe zu finden und in Richtung eines gemeinsamen Ziels zu gehen. Unsere Kämpfe brauchen ein gemeinsames Ziel, an dem wir uns orientieren können und welches uns verbindet. Wir müssen zu einer gemeinsamen Bewegung werden, deren Ziel der Aufbau einer solidarischen Gesellschaft ist: von unten nach links!
Dafür brauchen wir Orte des Zusammenkommens und der kontinuierlichen Organisierung. Wir – diejenigen, die an verschiedensten Orten für ein besseres Leben kämpfen – müssen zusammenkommen, um uns gegenseitig Mut zu machen, Hoffnung zu geben und voneinander zu lernen. Zu groß ist die Gefahr, uns zu vereinzeln, gegen Windmühlen zu kämpfen, ausgebrannt oder frustriert zu werden, wenn wir das Gefühl haben, wir sind alleine!


Letztes Jahr waren deshalb z.B. Aktive aus der Krankenhausbewegung zu Gast und haben über ihren anstehenden Streik für bessere Arbeitsbedingungen berichtet. Gemeinsam haben wir mit einem Foto unsere Solidarität bekundet. Wie bereits im letzten Jahr sind bei unserem Fest Genoss:innen, die an anderen Orten kämpfen, eingeladen, zu sprechen und ihre Erfahrungen zu teilen. 

Unser Kampf ist internationalistisch!

Wir wissen dass wir nicht alleine sind: Kämpfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung und starke soziale Bewegungen von unten gibt es auf der ganzen Welt. Am 1. Mai gehen weltweit Menschen auf die Straße gehen, die für eine bessere Welt kämpfen. Genau wie dieses System überall existiert, können auch unsere Kämpfe letztendlich nur global erfolgreich sein. Dazu braucht es den Austausch, die Vernetzung und auch die gemeinsame Organisierung von Menschen aus den verschiedenen Ländern und Bewegungen. Für viele Migrant*innen in Deutschland – und so auch für viele Bewohner:innen in Berg Fidel – sind und bleiben die politischen Entwicklungen und sozialen Bewegungen in ihren Herkunftsländern ein wichtiger Bezugspunkt. Wir brauchen diese Perspektiven, um eine starke Bewegung von unten aufzubauen, die nicht nur deutsche Linke anspricht, sondern direkte Bezüge hat zu Kämpfen und politischen Entwicklungen auf der ganzen Welt. Und gerade in der BRD, wo es so schwierig ist, sozialen Protest zu organisieren, brauchen wir Erfahrungen von gemeinsamen Kämpfen und einer Organisierung von unten aus anderen Ländern und Bewegungen. 
Neben den konkreten Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung hier in Münster laden wir deshalb auch Menschen mit Erfahrungen aus anderen geographischen Kontexten ein, unser Fest mitzugestalten und ihre politischen wie kulturellen Erfahrungen zu teilen.

Indem wir kämpfen, bauen wir eine Alternative auf!

Ein wichtiger Punkt unseres Ansatzes ist es, im Kampf gegen konkrete Ungerechtigkeiten bereits Ansätze einer alternativen Gesellschaft aufzubauen und zu erlernen. Dazu gehören Orte, an denen Basisdemokratie praktiziert wird, wie Vollversammlungen, aber auch der Aufbau einer solidarischen Kultur in allen Bereichen und Aktivitäten von Berg Fidel Solidarisch. Einen anderen, solidarischen Umgang miteinander zu erlernen, ist die Grundlage dafür, perspektivisch auch größere Ziele gemeinsam zu erreichen und uns selber zu beweisen, dass ein anderes Zusammenleben möglich ist. Wir wollen uns nicht als kleine Gemeinschaft abschotten, sondern eine offene und einladende Haltung entwickeln, die darauf abzielt, immer mehr Menschen einzuladen und einzubinden. Wir wollen auch lernen, zu erkennen, dass jede:r Einzelne wichtig ist für den Aufbau einer gemeinsamen Bewegung. Dass jede:r von uns ein Potenzial zur Selbstermächtigung und Kreativität sowie ein Bedürfnis nach Solidarität und Selbsttätigkeit in sich trägt, welches wir als Bewegung brauchen. 


Das bedeutet z.B., dass wir Raum lassen für spontane Redebeiträge von Menschen, die über ihre Lebenssituation und alltäglichen Kämpfe sprechen. Es bedeutet, dass wir Raum lassen für Spontaneität, Musik, Tanz oder dass wir die Bewohner*innen einladen, selber Essen mitzubringen. 

Feiert mit uns und werdet (gemeinsam mit uns) aktiv!

Wir wollen euch alle auf dieser Grundlage herzlich einladen, zu unserem diesjährigen Revolutionären 1. Mai in Berg Fidel zu kommen. Wir möchten euch einladen ein Fest, wie wir es am 1. Mai veranstalten, in diesem größeren Kontext unserer Arbeit zu sehen und daran teilzunehmen – es ist ein Teil unserer Strategie und keine davon losgelöste Veranstaltung von oder für eine linke Szene. Im Mittelpunkt des 1. Mai‘s sollen die unterschiedlichen Kämpfe gegen Unterdrückung und Ausbeutung stehen und diejenigen, die sie tagtäglich führen. Der 1. Mai soll die Vielfältigkeit unserer Kämpfe zum Ausdruck bringen und deutlich machen, dass wir nur eine Chance haben, wenn wir die Kämpfe zusammen denken und sie als Teil eines gemeinsamen Kampfes gegen das gesamte System begreifen. Mit unserem Fest wollen wir mehr Menschen – insbesondere in Berg Fidel – einladen, gemeinsam aktiv zu werden und uns selber motivieren, weiterhin gemeinsam zu kämpfen. Wir laden aber auch all diejenigen ein, die unsere Ziele teilen, sich uns anzuschließen und gemeinsam eine starke Bewegung von unten aufzubauen. Und wir wollen einen Ort der Solidarität schaffen, der auch Menschen an anderen Orten in ihren Kämpfen motiviert und Kraft gibt.

Gemeinsam sind wir stark!  Für eine organisierte soziale Bewegung aus den Stadtteilen! Von unten nach links!

Autor*in
Berg Fidel Solidarisch