Überall auf der Welt versuchen Migrierende aus vielen verschiedenen Gründen, Grenzen zu überqueren. Viele der Grenzüberschreitenden werden von der Hoffnung angetrieben, einen Ort zu erreichen, an dem sie Arbeit, ein neues Zuhause und Sicherheit finden. Oft überleben sie die Reise jedoch nicht. Die Befestigung von Grenzgebieten und tödliche Grenzpolitiken, besonders in den Vereinigten Staaten, stellen die Kernproblematik des globalen partizipativen Ausstellungsprojekts „Hostile Terrain 94“ dar.
Das Projekt lenkt Aufmerksamkeit auf die staatlich sanktionierte Gewalt der US-Grenzschutz-Strategie „Prevention through Deterrence“ („Verhinderung durch Abschreckung“). Seit 1994 instrumentalisiert diese Strategie das „hostile terrain“ („feindliches Gelände“) der Sonora-Wüste in Arizona als eine natürliche Hürde zur Abschreckung für illegalisierte Migrierende. Jedes Jahr bleibt tausenden Migrierenden trotzdem keine andere Option, als die Wüste zu durchqueren und eine Reise auf sich zu nehmen, die den Tod bedeuten kann – aufgrund von Verhungern, Erschöpfung, bitterer Kälte, sengender Hitze oder brachialer Gewalt. In der Bürokratie des Staatsapparates ist kein Platz für Trauer um die Opfer dieser Grenzstrategie, sie werden auf klinisch erfasste Zahlen reduziert, die der Abschreckung dienen sollen.
„Hostile Terrain 94“ bemüht sich darum, die statistische Sprache des US-Grenzregimes in eine gemeinschaftsbasierte Aktion des Gedenkens an die Individuen, die ihr Leben in der Sonora-Wüste verloren, zu übersetzen. Freiwillige nehmen sich der herausfordernden Aufgabe an, Tausende an „toe tags“ mit den Daten der verstorbenen Migrierenden zu beschriften und so Widerstand gegen das verschwiegene Sterben zu leisten, welches in den US-Grenzgebieten vonstattengeht.
"Hostile Terrain 94 Münster" lenkt die Aufmerksamkeit auch auf europäische Grenzpolitiken und “feindliche Gelände”, etwa im Mittelmeer, wo Grenzen durch ähnliche tödliche Strategien “geschützt” werden. Begleitend zur Ausstellung wird auch eine digitale Vorlesungsreihe angeboten: unter dem Titel „Contingent Belonging“ werden hier unterschiedliche Perspektiven zu Migration, Zugehörigkeit und Grenzpolitik diskutiert.
Trotz des aktuellen Lockdowns findet das Projekt statt und kann die Ausstellung besucht werden.
Wo: Innenhof des Bibelmuseums, Johannisstraße 20, 48143 Münster & online (via Instagram-Livestream, Vortragsreihe und Augmented Reality-Erlebnis )
Wann: 18. bis 29. Januar 2021
Website: https://ptts.wwu.de/ht94Muenster