8. März ist jeden Tag, hieß es zu Beginn des vergangenen Monats. Machen wir ernst damit! Besetzen wir den Vorabend zum 1. Mai wieder feministisch!
Am 30. April, am Vorabend zum 1. Mai, ist traditionell Walpurgisnacht. Ein Datum, das bis heute unbedarft als Tanz oder Rave in den Mai begangen oder scheinbar harmlos als Anlass für Festivals ausgeschlachtet wird: Geschichten von Hexenversammlungen auf naheliegenden Bergen werden als Lokalkolorit und Städtemarketing kolportiert. Dahinter steckt ein Symptom des patriarchalen Frauenhasses: Die sogenannte Hexenverfolgung war eine Verfolgung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Die Vorstellung der Hexe projizierte Ängste und Schuld auf Frauen, um ihre Ermordung zu legitimieren. Es ist kein Zufall, dass die Hexenverfolgung mit der Entstehung des modernen Kapitalismus zusammenfällt: Zur Durchsetzung der geschlechtlichen Arbeitsteilung und der Kontrolle über die Reproduktion von Arbeitskraft mussten Frauen, die dem durch ihre Lebensformen widersprachen, beseitigt werden.
Verbrannt werden heute auf den Walpurgisfeuern nur noch Strohpuppen, aber gemeint sind wir: Frauen, und alle, die von der herrschenden Geschlechterordnung als Abweichung erkannt werden! Nur weil für den Hass auf uns heute keine echten lodernden Exempel statuiert werden, heißt das nicht, dass er verschwunden ist: Heute müssen wir noch immer dafür streiten, dass anerkannt wird, dass Beziehungs- oder Eifersuchtsmotive die Tötung einer Frau zu einem Mord machen – dass Femizide beim Namen genannt werden! Doch wir lassen uns nicht einschüchtern! Auch wenn uns das Patriarchat einen Platz zuweist, von dem aus uns das Kämpfen erschwert wird. Überladen mit Care-Aufgaben, prekarisiert im unterbezahlten, überfordernden Care-Sektor, und den doppelten Anforderungen von Lohn- und Hausarbeit unterworfen, sollen wir funktionieren, sonst nichts. Doch wir lassen uns unseren Ungehorsam nicht nehmen! Es ist ein erdrückender Imperativ, mit dem das individuelle Pflichtgefühl über den evidenten Stellenwert des Care-Sektors strukturell ausgenutzt wird: Systemrelevanz. Das wurde uns im Verlauf der vor mittlerweile einem Jahr ausgebrochenen Pandemie eingeschärft und gleichzeitig haben sich die unhaltbaren Voraussetzungen noch weiter verschärft. Unvergessen bleibt der läppische sporadische Applaus von Balkonen, mit dem legitime Forderungen durch alibimäßige Wertschätzung abgespeist werden sollten. Doch wir geben uns nicht zufrieden. Wir lassen uns nicht kleinhalten! Wir bleiben unangenehm.
Die Vorstellung der Hexe, sei es mit grünem Gesicht und Warze, sei es als Kräuterfrau im Lebkuchenhaus, ist lächerlich oder wenn es hochkommt esoterisch. Wer will schon damit identifiziert werden? Wer will dieses angstbesetzte Klischee nicht von sich weisen? Wer will sich nicht davon abgrenzen? – Diese Reaktion ist intendiert, denn eigentlich waren schon immer wir gemeint: widerständige, kluge Frauen und Queers. Frauen und Queers, die sich einem patriarchalen und kapitalistischen System unterwerfen sollen, statt ihm gefährlich zu werden. Nicht ohne Grund war vor einigen Jahrzehnten neben dem 8. März auch der 30. April ein Standardtermin für Feminist*innen. Ganz sicher sollten sie also Angst haben, wenn wir dieses Jahr den Vorabend zum 1. Mai feministisch begehen, Lärm machen, ungehorsam sind und verunsichern. Am 30. April verhexen wir Patriarchat und Kapitalismus bei unserer Kundgebung mit Redebeiträgen ab 20.15 bei den Aaseekugeln. Lassen wir die geballte feministische Energie, die wir am 8. März deutlich sichtbar gemacht haben, nicht verpuffen. Lasst uns ganz dezidiert feministisch auf den diesjährigen 1. Mai zusteuern!
Vergesst nicht eure Masken und Sachen zum Lärm machen. Wir freuen uns auf euch! Feministisch grüßt
das Frauen*Streik-Bündnis, GegenGrau, NoLimit, IL