Das KZ Stutthof - Ort der Ausbeutung, Quälerei und Vernichtung

Bild
Datum

Einen Tag, nachdem am 1. September 1939 mit dem Angriff der deutschen Marine auf Danzig der Zweite Weltkrieg begann, richteten die Nazis nahe Danzig, beim Dorf Sztutowo, das Lager Stutthof ein. Ziel der Nazis war die „Germanisierung“ des besetzten polnischen Gebietes, weshalb sie neben politischen GegnerInnen auch VertreterInnen der polnischen Intelligenz verfolgten und inhaftierten. 1942 wurde Stutthof in das System der Konzentrationslager überführt und unter SS-Verwaltung gestellt. Das Konzentrationslager wurde weiter ausgebaut. Im Juni 1943 errichteten die Nazis eine Gaskammer, ab Mitte 1944 wurde das Lager in den Massenmord an den Jüdinnen und Juden Europas einbezogen.

Schätzungsweise 41.500 Menschen wurden im KZ Stutthof auf unterschiedliche Weise ermordet. Die Wachmannschaften des SS-Totenkopfsturmbann, zu der auch Johann R. aus Borken gehörte, verübten die Morde bzw. ermöglichten sie. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Geschichte des in der Öffentlichkeit kaum bekannten Konzentrationslagers und die dort verübten Verbrechen. Wer waren die Opfer? Wer waren die Täter? Welche Rolle spielte das Lager für die Shoah? In welcher Weise war das KZ Stutthof in die deutsche (Kriegs-)Wirtschaft integriert?

Die Referentin Dr. Franziska Bruder ist Historikerin und arbeitet schwerpunktmäßig zum jüdischen Widerstand im besetzen Polen. In Kürze erscheint im Unrast-Verlag Münster ihr Buch „'Das eigene Schicksal selbst bestimmen.' Fluchten von Juden aus den Deportationszügen in die Vernichtungslager der 'Aktion Reinhard' in Polen“

Veranstalter: AK NS-Geschichte Münster in Kooperation mit mobim.


Hintergrund:

Ohne dass die Beweisaufnahme beendet werden konnte, musste das Landgericht Münster im April das Verfahren gegen den ehemaligen SS-Mann Johann R. einstellen. Der 95-jährige aus dem Kreis Borkum ist demnach so krank, dass er dauerhaft nicht verhandlungsfähig ist. Damit endete einer der vermutlich letzten Prozesse gegen NS-Täter ohne ein Urteil. Die Hoffnung von Überlebenden, dass der Prozess eine „späte Gerechtigkeit“ schaffen könnte, erfüllten sich nicht. In den wenigen Verhandlungstagen des im Dezember 2018 gestarteten Prozesses konnten die überlebenden Zeug*innen leider nicht gehört werden. Es wurden lediglich die Anklageschrift verlesen, Polizeiermittler als Zeugen gehört und eine Einlassung des Angeklagten vorgetragen, in der dieser jegliche persönliche Schuld von sich wies. Johann R. war angeklagt, von Juni 1942 bis September 1944 als Mitglied der 3. Kompanie des SS-Totenkopfsturmbanns im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig tätig gewesen zu sein. Ihm wurde deshalb die Beihilfe zum Mord in mehreren hundert Fällen vorgeworfen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Angeklagte in seinem gesamten Leben nicht für seine Taten juristisch verantworten müssen. Vielmehr konnte er nach dem Krieg eine respektable bürgerliche Karriere machen. Wir möchten das Ende des Prozesses zum Anlass nehmen, um uns intensiver mit dem KZ Stutthof und der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen befassen.