Wir, der Eklat, sind eine antifaschistische Gruppe aus Münster die sich aus der Notwendigkeit heraus gegründet hat, der sich zunehmend autoritär formierenden Gesellschaft eine linksradikale Kritik entgegenzustellen. Wir sind der Überzeugung, dass eine linksradikale Antwort auf die herrschenden Verhältnisse notwendig ist. Es geht damit eine politische Theorie und Praxis einher, die sich entschieden von allen Formen einer autoritären und dogmatischen Politik, wie sie leider auch häufig in Teilen der radikalen Linken wiederzufinden ist, abgrenzt. Für eine detaillierte Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse und den politischen Möglichkeiten einer Intervention kann dieses Selbstverständnis nicht den Raum bieten, wir verweisen aber gerne auf die Möglichkeit, mit uns persönlich oder per Mail in Kontakt und Dialog zu treten.
Kapitalismus
Wir sind in unserer Analyse zu dem Schluss gekommen, dass Kritik an der vorherrschenden kapitalistischen Verwertungslogik und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse eine zentrale Rolle in emanzipatorischen sowie antifaschistischen Kämpfen spielen sollte. Auch wenn wir glauben, dass der Kapitalismus nicht die Ursache jeglicher unterdrückenden Mechanismen darstellt, so sind wir dennoch davon überzeugt, dass die kapitalistische Ideologie es geschafft hat, sich die autoritärsten Züge unserer (post-)modernen Gesellschaft einzuverleiben, zu modernisieren und schließlich auch zu reproduzieren. Es zeigt sich ein kapitalistischer Normalzustand, der kaum hinterfragt oder gar kritisiert wird. Kritik an dieser scheinbaren Alternativlosigkeit wird als utopisch, als verblendet, als unsinnig betrachtet. Mit unserer Kritik möchten wir genau dort ansetzen, wo die kapitalistische Logik ungebrochen scheint. Dabei geht es uns explizit nicht um eine Form der politischen Arbeit die nach globalen Einzelspieler*innen sucht, um an jenen eine vermeintlich antikapitalistische Kritik zu formulieren. Vielmehr geht es um eine vernetzte Kritik an Nationalismus, reaktionärem Gedankengut und einer kapitalistischen Verwertungslogik, welche Menschen aufgrund verschiedener vermeintlicher Merkmale privilegiert und unterdrückt.
Feminismus
Die Verknüpfung einer feministischen mit einer antirassistischen Kritik halten wir für immanent wichtig in politischer Theorie und Praxis. Gesellschaftliche Akteur*innen wie die AFD, aber auch solche, die der „Politischen Mitte“ zuzurechnen sind, greifen feministische Errungenschaften zunehmend an. Diesem gilt es sich entschieden in den Weg zu stellen, ohne dabei außer Acht zu lassen, dass feministische Errungenschaften die bereits erkämpft wurden, nicht den Status Quo darstellen dürfen. Noch immer werden Menschen, die sich nicht in das binäre Geschlechterbild der Gesellschaft und die Vorstellung der heterosexuellen Zweierbeziehung einordnen lassen rechtlich sowie gesellschaftlich benachteiligt. Geschlecht ist eines der prägenden Strukturmerkmale unserer Gesellschaft. Deswegen müssen strukturelle Mechanismen des Patriarchats, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts hierarchisieren, in der Gesellschaft und in unseren politischen Gruppen bekämpft werden. Wir sind uns bewusst, dass auch wir, als eine Gruppe, die einen dezidiert feministischen Anspruch verfolgt, nicht befreit sind von patriarchalen Strukturen. Eine ständige Reflexion der eigenen Strukturen und der eigenen politischen Arbeit ist demnach unerlässlich.
Rassismus
Rassismus ist eine komplexe Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die kategorisch abzulehnen ist. Er ist auf verschiedenste Weise tief verwurzelt in der Gesellschaft. Hinter dem Begriff des Rassismus steht das Konstrukt der “Rasse”. Dies wurde im Zusammenhang der weißen Kolonialherrschaft und der damit einhergehenden Diskriminierung von PoC´s etabliert, um Unterdrückung und Ausbeutung zu rechtfertigen.
Gruppen von Menschen werden von anderen Gruppen als “von Natur aus” anders definiert, auch um die eigene Gruppe klar abzugrenzen und so etwas wie eine “Völkische Identität” zu ermöglichen. In das Konstrukt der Andersartigkeit können verschiedene Faktoren wirken. Dazu gehören für uns: Körperliche Merkmale, nationale, regionale und innernationale Herkunft, diverse kulturelle Elemente, u .A. religiöse Aspekte und Bräuche, aber insbesondere die von der Mehrheitsgesellschaft konstruierte völkische Ethnizität, welche die Welt in große, geographisch-abgegrenzte Menschengruppen einteilt. Rassismus ist im Alltag immer vorhanden. Es existieren dabei verschiedene Formen, denen in der Aufzählung keine Wertung angefügt ist, darunter: aktiver, passiver, bewusster, und unbewusster Rassismus in verschiedener Kombination. Neben den Rassismen, die offen einen negativen Charakter aufweisen, stellen Rassismen, die Personengruppen positive Eigenschaften zuweisen ebenfalls ein Problem der Gesellschaft dar. Der sogenannte positive Rassismus entzieht den Personen das Recht auf Individualität, führt zur Abgrenzung von anderen Gruppen und erhält rassistische Denkweisen abseits von offensichtlich rechten Menschen. Rassismus findet vor allem auf 2 Ebenen statt: Er kann privat von Individuen oder institutionell/strukturell ausgeführt werden. Die beiden Ebenen können sich hierbei gegenseitig beeinflussen.
Es gilt, Rassismus in jeder Form als solchen zu erkennen, zu benennen und ihm kämpferisch entgegen zu treten. Sei es bei expliziten Rassist*innen oder dem eigenen Umfeld. Wir sind ein Teil der Strukturen und als solcher sind wir dazu verpflichtet, unser eigenes Handeln auf rassistische Muster hin zu reflektieren.
Antisemitismus und Antizionismus
Der Irrglaube, Antisemitismus als „Feindschaft gegen Juden*Jüdinnen“ gehöre der Vergangenheit an, ist in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet. Zwar ließen sich antisemitische Positionen nach dem industrialisierten Massenmord an den europäischen Juden*Jüdinnen tatsächlich nicht mehr ohne weiteres in der bisher geläufigen Offenheit äußern. Dies bedeutete jedoch keineswegs eine Läuterung der deutschen Gesellschaft, sondern vielmehr eine Anpassung des Erscheinungsbildes. Denn gerade diese Wandel- und Anpassungsfähigkeit sind der Grund dafür, dass sich der immer noch weit verbreitete Antisemitismus auf eine über 2000 Jahre alte Tradition stützen kann.
Der moderne Antisemitismus, der im Gegensatz zum christlichen Antijudaismus das Feindbild nicht mehr nur entlang religiöser Unterscheidungen macht, entstand im späten 19. Jahrhundert und wurde zu einer Form der Welterklärung, die die negativen Folgen der Moderne den Juden*Jüdinnen zuschreibt. Sie werden somit nicht als ein subjektloser Prozess angesehen, sondern auf verschwörungstheoretische Weise, als ein von bösen Kräften gezielt durchgesetztes Projekt. Dies führt dazu, dass auch einige „Antikapitalist*innen“ das Stereotyp der geschäftstüchtigen, rachsüchtigen, übermächtigen Einfluss in Politik, Kultur und Wirtschaft anstrebenden Juden*Jüdinnen weiter reproduzieren. Wir gehen davon aus, dass die kapitalistisch bürgerliche Gesellschaftsordnung strukturell Antisemitismus reproduziert. Weder das Judentum noch das Verhalten von Juden*Jüdinnen ist konstitutiv für jene antisemitischen Ressentiments, sondern das imaginierte Bild des angeblich „Jüdischen“. Frei nach Jean Paul Sartre: „Wenn es den Juden nicht gäbe, würde ihn der Antisemit erfinden.“
Besonders verbreitet, auch unter Linken, ist heute der israelbezogene Antisemitismus, der eine rigide Ablehnung der Außen- und Innenpolitik des Staates Israels impliziert, wobei der konstitutive Grund dafür in dessen jüdischer Prägung gesehen wird. Besondere Bedeutung nach der Befreiung vom Nationalsozialismus kommt zudem einem „sekundären Antisemitismus“ oder „Schuldabwehr“-Antisemitismus zu: Nicht trotz, sondern wegen Auschwitz werden Vorbehalte und Feindschaften gegen Juden*Jüdinnen mobilisiert, die Shoah geleugnet und behauptet, die Auseinandersetzung mit der Shoah diene nur der Diffamierung der nationalen Identität der Deutschen.
Wir halten den Kampf gegen jeden Antisemitismus als unverzichtbar in einer Zeit, in der Juden*Jüdinnen immer noch Angst haben müssen, sich öffentlich erkennen zu geben, Geschichtsrevisionismus salonfähig geworden ist und die gesamtgesellschaftliche Forderung laut wird, Deutschland endlich wieder als „normale“ Nation anzusehen.
Unsere Arbeitsweise
Uns ist bewusst, dass das System, in dem wir leben, nicht von heute auf morgen umgestürzt werden kann, wenn nicht eine breite Gesellschaft hinter dem Vorhaben steht. Dennoch wenden wir uns explizit gegen einen lediglich reformistischen Anspruch politischen Aktivismus, da wir die Unterdrückungs- und Herrschaftsmechanismen des Systems für nicht reformierbar halten. Wir verstehen unseren Aktivismus perspektivisch als einen umstülpenden Akt in Bewusstsein dessen, dass auch unser Handeln nicht außerhalb des Gesellschaftssystems gedacht werden kann. Unser Anspruch ist es deshalb, unsere Handlungen und Geschehnisse auf ihre progressiven und regressiven Momente hin zu untersuchen. Dabei erkennen wir aber auch an, dass Reformismus, also der politische Aktivismus als parlamentarische Form innerhalb der Logiken des Systems, eine durchaus sinnvolle Form der Forderung sein kann, um bestehendes Leid zu mindern. Zu guter Letzt: Wir erkennen Vernetzung und Bündnisarbeit als einen wichtigen Teil politischer und aktivistischer Arbeit an und sind gerne zu dieser bereit, wenn das Bündnis mit unseren politischen Zielvorstellungen und Kapazitäten vereinbar ist.