Am 09.11. um 18 Uhr versammeln wir uns auf der Stubengasse, um den Opfern der Reichspogromnacht zu gedenken und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 plünderten Deutsche jüdische Geschäfte, zündeten Synagogen an und verhafteten und deportierten Jüdinnen*Juden. Auch in Münster wurde die Synagoge in Brand gesetzt und Jagd auf Jüdinnen*Juden gemacht. Die Reichspogromnacht markierte den Übergang von der Diskriminierung zur Vertreibung und Ermordung und bereitete die systematische Vernichtung vor. Die Deutschen sammelten sich als „Volk“ in der antisemitischen Raserei.
Heute an die Reichspogromnacht zu Gedenken bedeutet an erster Stelle die historische Verantwortung der Deutschen bewusst zu halten. Es darf keinen Schlussstrich geben, es gibt keine Wiedergutwerdung. In Deutschland bestehen weiterhin tief verwurzelte antisemitische Kontinuitäten (von Aiwanger, über die AfD bis Precht), Antisemitismus bleibt anschlussfähig, die wenigsten Familien reflektieren die Verantwortung ihrer Vorfahren. Diese Verantwortung darf nicht relativiert werden.
Heute an die Reichspogromnacht zu erinnern, bedeutet aber auch erkennen, dass was damals geschehen ist, sich wiederholen kann. Antisemitismus kann immer und überall auftreten. Antisemit*innen meinen oft von sich, sich für etwas Gutes, für die Lösung eines Problems einzusetzen. Antisemitismus bleibt immer zutiefst irrational und aktiviert Vernichtungs- und Verfolgungswünsche.
Die Massaker der Hamas des 7. Oktober sind nichts anderes als antisemitische Pogrome gewesen. Auf diese folgten weltweit immense Mobilisierungen gegen den einzigen jüdischen Staat, die oft genug reinsten Antisemitismus von sich gegeben haben. In den letzten Wochen wurden jüdische Einrichtungen und Wohnungen von Jüdinnen*Juden markiert, Menschen auf offener Straße angegriffen. Jüdinnen*Juden außerhalb Israels müssen öfter darüber nachdenken, ob sie sich als Jüdinnen*Juden zu erkennen geben. Viele werden von der gegenwärtigen Situation re-traumatisiert oder intergenerationale Traumata erweckt. Währenddessen möchten vermeintlich Progressive die Welt von einer „german guilt“ befreien: Damit rufen sie selbst nach einem Schlussstrich, stellen die Solidarität mit lebenden Jüdinnen*Juden in Kontinuität zum Nationalsozialismus und betreiben damit eine unerträgliche Täter-Opfer Umkehr.
Gerade diese Wochen heißt es: Nie wieder, nirgendwo!