𝗕𝗿𝗲𝗮𝗸𝗶𝗻𝗴 𝘁𝗵𝗲 𝗦𝗶𝗹𝗲𝗻𝗰𝗲 – Ernsthaft in die Tat umsetzen wird hoffentlich keiner, was Avi Mograbi uns da aus dem Wohnzimmersessel anbietet: eine Kurzanleitung zur militärischen Besatzung. Seine strategischen Betrachtungen haben den unschuldigen Anstrich allgemeiner Überlegungen, wie man ein fremdes Territorium gegen alle Widerstände erfolgreich besetzt. Als Musterbeispiel dient ihm die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete in der Westbank und im Gaza-Streifen.
Aussagen von israelischen Soldaten über ihren Dienst dort, die für die Organisation Breaking the Silence entstanden, veranschaulichen den jahrzehntelangen Alltag und die historischen Etappen der Besatzung. In ihrer Nüchternheit sind diese Beschreibungen von alltäglicher Willkür und Grausamkeit erschütternd und schwer erträglich. Zeitzeugenberichte und Verwendung von Archivmaterial sind nur zwei der dokumentarischen Grundtechniken, denen Mograbi mit seiner Kurzanleitung einen reflexiven Rahmen und analytische Schärfe verleiht. Dabei konzentriert er sich, ohne Relativierungen, auf die Seite der Täter. Scharfzüngig und ironisch wie oft, angesichts der anscheinend nicht aufhaltbaren Eskalation aber auch ratlos und voller Trauer. (Anna Hoffmann)
THE FIRST 54 YEARS – AN ABBREVIATED MANUAL FOR MILITARY OCCUPATION · Deutschland/Finnland/Frankreich/Israel 2021 · R: Avi Mograbi · Db: Avi Mograbi · K: Philippe Bellaiche, Tulik Galon • Mit Dani Vilenski, Shlomo Gazit, Roni Hirschson, Zvi Barel u.a. · + hebrä./engl.OmeU · 108′