Lesekreis Minimum n.4_Linke und Antisemitismus

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Linke Gruppen, Bewegungen und Diskursräume sind aktuell zentraler Antriebsmotor und Verbreitungsraum der gegenwärtigen antisemitischen Hochstimmung. Das steht einerseits in Widerspruch zu Vorhaben der Emanzipation und zur Aufgabe einer gelungenen Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse hat aber anderseits in der Linken eine gewisse Tradition und handfeste Gründe. Warum ist das so?

Antisemitismus begleitet nicht nur immer als Möglichkeit das Bewusstsein des bürgerlich-kapitalistischen Menschen, sondern erscheint auch dort – und sei es mit den besten Intentionen - wo bürgerliche Gesellschaft nicht adäquat auf ihren Begriff gebracht wird, ihre Kritik zu kurz kommt, Versuche der Überwindung dieser Verhältnisse falsch angelegt werden. Teilweise nimmt die Kritik der nicht begriffenen kapitalistische Herrschaft und ihrer Formen (Wert, Staat, Nation) selbst antisemitische Züge an, teilweise wird den bürgerlichen Vermittlungen eine antisemitisch anfällige Sehnsucht nach Unmittelbarkeit und Substantialität entgegengesetzt, teilweise soll eine im Kern antisemitische Raserei zur Selbstmobilisierung und dem Gefühl der Selbstwirksamkeit dienen. Allgemein sind auch Linke anfällig für manichäische Verkürzungen der Kritik und für Dynamiken der Personifizierung des Bösen.

Gerade ein autoritärer (Neo-)Leninismus und bestimmte Formen der Aneignung von identitätsbezogem Aktivismus scheinen aktuell besonders anfällig zu sein.

Beim kommenden Lesekreistermin möchten wir uns mit diesem schwierigen Themenkomplex beschäftigen.